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2020 08 22 aktuelles 02

Von mittelalterlichen Pilgern und Weltreisen im Geiste: Vom 13.-22. August ist das "Kloster in Bewegung"

Der Sommer kommt und damit erste Veranstaltungen! Das Kloster Brunshausen ist vom 13. bis 22. August Teil des HarzerKlosterSommers, der diesmal unter dem Motto „Kloster in Bewegung“ steht. Wie bewegte man sich aber früher im Kloster und im Stift? Und was wird uns diesen Sommer bewegen? Begeben Sie sich mit uns auf eine mittelalterliche Pilgerwanderung und eine Weltreise im Geiste!

„Kloster in Bewegung?“, fragt man sich nun, weckt „Kloster“ doch erst einmal die Vorstellung von Weltabgewandtheit, Ruhe und Einkehr, vielleicht sogar von Eingeschlossen- und Eingeschränktsein. Nichts also, was viel mit Bewegung zu tun haben könnte – oder? Trotzdem war Bewegung schon immer fester Bestandteil des Lebens im Kloster und im Stift, und oft waren es gerade diese Einschränkungen, die neue Formen der Bewegung entstehen ließen.

Da sind zunächst die Prozessionen, das „liturgische Umherschreiten“ zu bestimmten Festtagen des Kirchenjahres. In Gandersheim gab es feierliche Umzüge innerhalb der Stiftskirche, auf der Stiftsfreiheit und sogar über die Stadt hinaus bis zu den Eigenklöstern Brunshausen und Clus. Die wichtigste Prozession war seit dem Spätmittelalter die Fronleichnamsprozession, bei der das Abendmahlssakrament durch die Stadt getragen wurde und der Stadtrat den Stiftsangehörigen als Zeichen seiner Untergebenheit Wein und Wecken ausgeben musste.

Daneben war das Stift auch Ziel von auswärtigen Reisenden. Anfang des 13. Jahrhunderts waren auf dem Stiftsgelände Heilquellen entdeckt worden, die auf die Gläubigen der Umgebung eine große Anziehungskraft hatten. Die Äbtissin förderte das neue Interesse, indem sie dort predigen und ein Kreuz mit Reliquien aufstellen ließ. In diesem Zuge wurde 1238 auch das Hospital zum Hl. Geist am Georgentor gestiftet, das nicht nur zur Versorgung Kranker diente, sondern auch als Unterkunft für Fremde. Ob sich hieraus eine richtige Wallfahrt entwickelte, ist ungewiss, dennoch wurde das Stift damit zumindest zeitweise zum Ziel- und Durchgangspunkt von Reisenden.

Den Kanonissen und Nonnen selbst blieben solche Reisen allerdings meist verwehrt. Gerade die Nonnen unterstanden dem klösterlichen Klausurgebot, das ihnen das Verlassen der Klostermauern verbot. Damit auch sie die heiligen Orte bereisen konnten, entwickelten sie das Pilgern im Geiste. Mithilfe von Texten und Bildern be

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reisten sie gedanklich Pilgerziele in Nah und Fern und gelangten so bis nach Jerusalem. Dabei hatten sie sogar einen entscheidenden Vorteil gegenüber den körperlichen Pilgern: Im Geist reisten sie nicht nur durch Raum, sondern auch durch Zeit und konnten so selbst zu Augenzeuginnen der Heilsgeschichte werden. Aus vielen norddeutschen Frauenklöstern und -stiften haben sich Hilfsmittel zur geistigen Pilgerreise erhalten. In Gandersheim gingen sie spätestens mit der Reformation verloren, doch gab es sie sicherlich auch hier.

Die Idee vom „Reisen im Geiste“ setzte sich in Gandersheim bis in die Neuzeit fort, nur waren es jetzt nicht mehr die heiligen Stätten, sondern exotische Orte. Zwischen 1713 und 1726 ließ Äbtissin Elisabeth Ernestine Antonie von Sachsen-Meiningen in Brunshausen ihr barockes Sommerschloss errichten. Dem Sammlergeist der Zeit und ihrem eigenen wissenschaftlichen Interesse entsprechend stattete sie es mit einer Bibliothek, einem Naturalienkabinett, einer Münz- und Kupferstichsammlung und einer Skulpturengalerie aus. Während ihre männlichen Verwandten auf Kavalierstouren ferne Ziele bereisen und so ihr Wissen ausbauen konnten, holte Elisabeth Ernestine diese Orte einfach zu sich: Die Wandmalereien, die sich im Obergeschoss des Sommerschlosses erhalten haben, zeigen historisch und architektonisch bedeutsame Stätten, vom römischen Circus Maximus über die ägyptischen Pyramiden bis hin zum Imamplatz von Isfahan.

Wir sehen, Kloster und Bewegung waren in Gandersheim schon immer eng verbunden. Diese Tradition wollen wir im Sommer fortsetzen: Begleitet von einem mittelalterlichen Pilger begeben wir uns auf Pilgerreise von Brunshausen nach Clus. Und wer selbst einmal im Geiste reisen will, kann sich beim Vortrag „Weltreise im Geiste“ von mittelalterlichen Nonnen und den Wandmalereien im Sommerschloss inspirieren lassen.

 

Brunshausen im Harzer Klostersommer: 15. und 22. August, jew. 14-17 Uhr: „Auf den Spuren mittelalterlicher Pilger“, lebendige Pilgerreise von Brunshausen nach Clus, gemeinsam mit dem Geschichtsvermittlungsprojekt HistoFaber – 18. August, 18:30 Uhr, Sommerschloss Brunshausen: Vortrag „Weltreise im Geiste. Von ‚geistlichen Pilgerfahrten‘ und barocken Wandmalereien“ – Für alle Veranstaltungen ist eine Voranmeldung über pzg@gmx.de erforderlich!

Mehr Infos zum Harzer Klostersommer

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Bilder:

Der spätmittelalterliche Pilger Lukas Vos begleitet uns auf unserer Reise nach Clus ©HistoFaber

Die Pyramiden von Gizeh, Wandmalerei im Sommerschloss Brunshausen ©Portal zur Geschichte

 

 

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