Glossar zur Ausstellung
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A-Z
Hinweise zum Glossar
Einige Wörter sind in gelber Schrift, damit sie klar als diskriminierende und/oder propagandistische Begriffe gekennzeichnet sind, die der nationalsozialistischen Weltanschauung entsprachen und deren Nutzung heute kritisch betrachtet werden sollte. Die in der Publikation vorkommenden rassistischen und diskriminierenden Wörter werden ausschließlich im historischen Rahmen verwendet und sollten im gegenwärtigen Sprachgebrauch unbedingt vermieden werden.
Einige Definitionen sind bewusst reduziert, um ein erstes Verständnis für weite Zielgruppen zu ermöglichen.
Pfeile im Text verweisen auf andere Einträge im Glossar.
Die Autor:innen streben die konsequente sprachliche Gleichbehandlung als selbstverständliche Basis gelingender Gleichstellung aller Menschen an. Daher wird in der vorliegenden Publikation der Gender-Doppelpunkt für die Benennung aller Geschlechter und alternativ geschlechtsneutrale Sprache verwendet. Ausnahmen bestehen bei historischen Begriffen, bei denen davon ausgegangen wird, dass sie aus ideologischen Gründen rein männlich besetzt waren.
Als erste Grundlage dieses Glossars dienten einige bereits bestehende Materialien von verschiedenen Einrichtungen, für die wir uns herzlich bedanken.
Die Materialien wurden im Prozess überarbeitet und ergänzt.
Sie wurden zur Verfügung gestellt von:
Gedenkstätte Breitenau
Lernort Kislau e. V.
Gedenkstätte KZ Osthofen
Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen
Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin
A
Anarchie, Anarchismus anarchisch, Anarchist:in
Anarchie bezeichnet den Zustand einer fehlenden Herrschaft innerhalb einer Gesellschaft. Anstelle einer → hierarchischen Organisationsstruktur, etwa einer Alleinherrschaft in der Monarchie oder einer Volksherrschaft in der → Demokratie, existieren in der Anarchie keine höher gestellten Personen oder Institutionen und somit auch keine staatliche Gewalt. Anarchist:innen befürworten also die totale Freiheit der Menschen und die Abschaffung jeglicher Herrschaft in der von ihnen angestrebten Idealgesellschaft.
Antifaschismus, antifaschistisch, Antifaschist:in
Antifaschismus bezeichnet die nach dem Ersten Weltkrieg auf gekommene Gegnerschaft und zumeist auch Bekämpfung des
→ Faschismus, zunächst in Italien, später insbesondere gegen den
→ Nationalsozialismus im → Deutschen Reich und gegen den Franquismus in Spanien (→ Spanischer Bürgerkrieg). Eine aktive Bekämpfung dieser → nationalistisch-autoritären Bewegungen betrieben insbesondere politische linke Gruppen und Parteien.
Heute richtet sich der Widerstand antifaschistischer Gruppierungen gegen rechte Strömungen.
Antisemitismus, antisemitisch, Antisemit:in
Antisemitismus ist eine vorurteilsbehaftete → Weltanschauung, die sich in einer stereotypen Wahrnehmung von → Juden:Jüdinnen zum Beispiel in Form von Feindschaft, Hass, Ausgrenzung, Diskrimi nierung und Gewalt ausdrückt. Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische Menschen oder auch gegen nichtjüdische Einzelpersonen, die sich zum Beispiel mit Juden:Jüdinnen → solidarisch zeigen oder bei denen eine Verbindung zum Judentum konstruiert wird. Er kann sich aber auch gegen deren Eigentum, gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen sowie allgemein gegen den Staat Israel richten. Juden:Jüdinnen wird dabei zugeschrieben, dass sie gleichzeitig minderwertig und besonders machtvoll und einflussreich seien.
Appell
Appell bezeichnet die durchgeführte Aufstellung der gesamten Häftlingsgruppe auf einem Appellplatz. Diesen zentralen Platz gab es in vielen → Konzentrationslagern. Der Morgen- und Abendappell diente der Zählung der Häft linge, die sich zumeist in militärischer Haltung formieren mussten. Auch war der Appell Anlass zur Durch-führung von Schikane- und Strafmaßnahmen.
Arbeiter:innenbewegung
Die deutsche Arbeiter:innenbewegung als soziale Massen bewegung entstand im 19. Jahrhundert in Reaktion auf die sozialen Folgen, die die Industrialisierung für Arbeite r:in nen mit sich brachte. Die Arbeiter:innenbewegung zielte auf die Verbesserung der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Lage der Arbeiter:innen gegenüber den be sitzen den → Klassen und deren politischer Vertretung. Die Durchsetzung der Rechte für die Klasse der Arbeiter:innen streb ten zum einen politische Organisationen wie → Gewerk schaften und Parteien an, insbesondere die → SPD und die → KPD, zum anderen soziale Einrichtungen wie Vereine und Genossen schaften. Angesichts der Ziele von sozialer Gleichheit und Gerechtigkeit ist die Arbeiter:innen
bewegung eng mit dem→ Sozialismus und dem →Anarchismus verbunden.
Arbeitshaus
In den bereits im Kaiserreich eingeführten Arbeitshäusern waren Menschen untergebracht, die zur Arbeit und einem vermeintlich geordneten Leben gebracht werden sollten. Gemeint ist damit die „Erziehung“ durch Pflichtarbeit und die Anpassung an gesellschaftliche Normen, die von der Arbeit vorgegeben wurden. Von 1933 bis 1938 wurden vor allem Asoziale in Arbeitshäuser gebracht. Danach verloren Arbeitshäuser an Wichtigkeit, da ihre Insassen in →Konzentrationslager eingeliefert wurden.
Arbeitsscheue:r, arbeitsscheu
Der Begriff arbeitsscheu für Menschen ohne geregelte Beschäftigung bestand bereits während des Kaiserreichs. Während der → NSHerrschaft diente er als Bestandteil der übergeordneten Gruppe der Asozialen als Vorwand zur Verfolgung jener Personen, die nicht durch Arbeit einen Beitrag für die Volksgemeinschaft leisteten und somit gesellschaftlich ausgeschlossen werden sollten. Das NS
→ Regime verfolgte bereits ab 1933 Menschen wie etwa Fürsorge empfänger:innen, denen Arbeitsscheu vorgeworden wurde, und brachte sie in → Arbeitshäuser, ab 1937 auch in → Konzentrations lager. In einer heute als „Arbeitsscheu Reich“ bezeichneten Aktion wurden 1938 insgesamt mehr als 10.000 Menschen inhaftiert. Eine einheitliche Definition dahingehend, wer als arbeitsscheu galt, existierte bis zum Ende des NSRegimes nicht, sodass für die zu ständigen Behörden der Spielraum für → willkürliche Verfolgungen erheblich war.
Arier:in, arisch
Ursprünglich eine Bezeichnung für ein Volk in Zentralasien, war Arier:in später eine Selbstbezeichnung der Perser:innen. Seit dem 19. Jahrhundert verwenden rechte und → faschistische Gruppen ausgehend von ihrem → rassistischen Weltbild die Bezeichnung für eine angeblich eigene Herrenrasse, die anderen Rassen überlegen sei. Die → Nationalsozialist:innen glaubten, dass die Deutschen arisch seien.
Asoziale:r, asozial
Es handelte sich um eine nicht klar definierte Gruppe. Die Bezeichnung diente den → Nationalsozialist:innen dazu, Menschen aus zugrenzen und → willkürlich zu verhaften, weil deren Verhalten von vermeintlichen gesellschaftlichen Normen abwich. Zur Gruppe der Asozialen wurden unter anderem Bettler:innen, Landstreicher:innen, Arbeitslose, Sexarbeiter:innen, Alkohol und TBCKranke, säumige Unterhaltszahler:innen, Zuhälter, Homosexuelle aber auch viele
→ Sinti:zze und Rom:nja gezählt. Ihr Status als Opfer der National sozialist:innen wurde erst 2020 offiziell anerkannt.
Außenkommando
Ein Außenkommando war eine Gruppe von → Konzentrationslager Häftlingen, die als ein mobiles Kommando Arbeiten außerhalb des eigentlichen Lagers verrichtete. Die zu verrichtenden Arbeiten waren je nach Konzentrationslager sehr unterschiedlich, häufig kamen die Häftlinge bei Bauarbeiten, in der Landwirtschaft oder während des Zweiten Weltkriegs auch in der Kriegswirtschaft zum Einsatz.
Baracke
Baracken sind provisorische eingeschossige Behelfshäuser aus einfachen Materialien zur Unterbringung von Personen. In vielen
→ Konzentrationslagern dienten sie als Wohnbaracken für die Häftlinge, primitiv ausgestattet mit mehrgeschossigen Bettgestellen. Die häufig aus Holz bestehenden Baracken schützten kaum gegen Kälte. In größeren Konzentrationslagern unterteilten sich die Baracken in bis zu vier Stuben: Aufenthalts und Schlafräume. Mit der fortschreitenden Weiterentwicklung der Konzentrationslager verfügten diese neben Wohnbaracken auch über zahlreiche Funk tionsbaracken, darunter Verwaltungsbaracken, Küchenbaracken, Wasch und Latrinenbaracken und Krankenreviere.
Berufsverbrecher:in
Kriminalist:innen in den 1920er Jahren führten diese Bezeichnung für Wiederholungstäter:innen ein. Dem Begriff lag das Vorurteil zu Grunde, dass Wiederholungstäter:innen das Verbrechen als Beruf ausübten. Die → Nationalsozialist:innen übernahmen diese Annahme und schufen gesetzliche Grundlagen. Gegen Berufsverbrecher:innen wurde in den meisten Fällen vom Reichkriminalpolizeiamt „vor beugende Haft“ verhängt, die die Einlieferung in ein → Konzentra tionslager bedeutete.
Bolschewismus, bolschewistisch, Bolschewist:in
Der Begriff stammt aus dem Russischen und bedeutet „mehr“. Seine Anhänger:innen waren Mitglieder der → kommunistischen
→ Bewegung Russlands, die 1917 gewaltsam die Monarchie gestürzt und eine → sozialistische Diktatur errichtet hatten
Brachial
Brachial bedeutet, dass man handgreiflich und mit roher Kraft beziehungsweise Gewalt vorgeht.
Bundesrepublik Deutschland
Bundesrepublik Deutschland ist der offizielle Name für den heutigen deutschen Staat. Nachdem die vier Siegermächte 1945 Deutschland in vier Besatzungszonen aufgeteilt hatten, wurde die Bundesrepublik Deutschland 1949 als Vereinigung der amerikanischen, britischen und französischen Besatzungszone gegründet. Aus der von der Sowjetunion kontrollierten vierten Besatzungszone ging die → DDR hervor, sodass es zur Teilung Deutschlands in zwei Staaten kam. Mit der Wiedervereinigung im Jahre 1990 trat die DDR der Bundes republik bei.
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D
DDR
→ Deutsche Demokratische Republik
Demokratie, demokratisch
Demokratie ist die Bezeichnung für eine mögliche Herrschafts ordnung eines Staats. In einer demokratischen Staatsform übt das Volk die Herrschaftsgewalt aus. Zentrale Grundlage der Demokratie ist somit die politische Teilhabe der gesamten Bevölkerung. In einer repräsentativen Demokratie üben Vertreter:innen die Herrschaft aus, die vom Volk für eine bestimmte Zeit gewählt wurden. Eine Demo kratie zeichnet sich darüber hinaus zumeist durch die Garantie von Grundrechten wie freie Meinungsäußerung und Pressefreiheit, Gewaltenteilung, ein Mehrparteiensystem sowie freie, gleiche und geheime Wahlen aus.
Deutsche Demokratische Republik
Deutsche Demokratische Republik (DDR) war die offizielle Bezeichnung des zwischen 1949 und 1990 bestehenden deutschen Staats auf dem Gebiet der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone. Nach der Teilung Deutschlands in vier Besatzungszonen nach dem Zweiten Weltkrieg riefen die drei Siegermächte USA, Großbritannien und Frankreich 1949 für ihre Besatzungszonen die → Bundesrepublik Deutschland als souveränen Staat aus und begründeten damit die Teilung Deutschlands in zwei Staaten. Auf dem Gebiet der sowjetischen Besatzungszone entstand die DDR als eine → sozialistische Republik nach sowjetischem Vorbild. Mit der → marxistischleninis tischen Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) verfügte die DDR über eine Staatspartei und damit faktisch über ein Einpar teiensystem. Entgegen dem Staatsnamen war die Herrschaftsordnung der DDR nicht → demokratisch. 1990 trat die DDR im Zuge der Wiedervereinigung der Bundesrepublik Deutschland bei.
Deutsches Reich
Deutsches Reich war die offizielle Bezeichnung des deutschen Staats zwischen 1871 und 1945. Innerhalb dieser Zeitspanne lassen sich drei Phasen unterscheiden: das Deutsche Kaiserreich (1871 – 1918), die
→ Weimarer Republik (1918 – 1933) und die Zeit des → National sozialismus (1933 – 1945).
Deutschnational
Als deutschnational wurden die Anhänger:innen der → Deutsch nationalen Volkspartei (DNVP), einer monarchischkonservativen Partei während der → Weimarer Republik, bezeichnet. Dies betraf auch den der Partei nahestehenden → Stahlhelm, der als → para militärische Organisation zeitweise deren bewaffneten → Saalschutz stellte und 1933 als → Hilfspolizei agierte. Mit der österreichischen Großdeutschen Volkspartei, die den Anschluss Österreichs an das
→ Deutsche Reich anstrebte, bildete die DNVP das deutschnationale Lager. Die Ziele des deutschnationalen Programms umfassten neben der Wiederherstellung der Monarchie eine Stärkung des Deutschen Reichs nach außen sowie eine Rücknahme der → demokratischen Bürgerrechte im Inneren.
Deutschnationale Volkspartei
Die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) war eine politische Partei zur Zeit der → Weimarer Republik. Sie entstand nach dem Ersten Weltkrieg als Sammelpartei konservativer Strömungen des Kaiser reichs und befürwortete die Wiedererrichtung der Monarchie. Sie lehnte die Verfassung der Weimarer Republik und die → demo kratische Staatsordnung ab, beteiligte sich jedoch ab Mitte der 1920er Jahre an mehreren Regierungen. Nach 1928 radikalisierte sich die
→ republikfeindliche DNVP zu einer → nationalistischvölkischen und nun auch → antisemitischen Partei. 1931 kam es zu einer ersten Zusammenarbeit mit der → NSDAP. 1933 unterstützte sie die Machtübertragung an die → Nationalsozialist:innen und bildete als deren → Koalitionspartnerin die Regierung unter → Reichskanzler Adolf Hitler.
Diktatur, diktatorisch, Diktator:in
Diktatur ist die Bezeichnung für eine Form der Herrschaftsordnung eines Staats. In einer Diktatur wird die Macht nicht vom Volk
→ (Demokratie), sondern von einer Einzelperson (Diktator:in) oder einer Gruppe (Partei, Organisation, Militär) ausgeübt. Die gesamte Macht liegt damit bei einzelnen wenigen Personen und nicht bei der Mehrheit der Bevölkerung, es herrscht zudem keine Gewaltenteilung. Weitere häufige Merkmale von diktatorischen → Regimen sind die Schaffung einer Einheitspartei, eines Unterdrückungsapparats und einer allgemeingültigen → Ideologie. Grundrechte sind in diktatorischen Regimen eingeschränkt, an die Stelle einer freien Presse treten Zensur und ein staatliches Informationsmonopol. Zwischen 1933 und 1945 bestand in Deutschland eine Diktatur des von der
→ NSDAP gestützten Diktators Adolf Hitler. Das politische System der → DDR wird als Parteidiktatur bezeichnet.
DNVP
→ Deutschnationale Volkspartei
Dolchstoßlegende
Dolchstoßlegende ist die Bezeichnung für eine bewusst in der Öffentlichkeit verbreitete Schuldzuweisung bezüglich der militärischen Niederlage des → Deutschen Reichs im Ersten Weltkrieg. Unmittelbar nach der Niederlage der deutschen Streitkräfte wurde die Behaup tung aufgestellt, dass das Heer an der Front unbesiegt gewesen sei.
Dieses sei jedoch von den revolutionären linken Kräften durch Streiks, Unruhen und Friedensbemühungen und dadurch fehlende Unterstützung in der Heimat sabotiert worden. Schuld an der Niederlage seien somit innere Gegner:innen, insbesondere → Sozia list:innen gewesen, die den kämpfenden Truppen im übertragenen Sinne den Dolch heimtückisch in den Rücken gestoßen hätten. Es handelte sich dabei um den gezielten Versuch der Obersten Heeres leitung (OHL), sich aus der Verantwortung für die militärische Niederlage zu ziehen und diese der Politik zuzuschreiben. Die OHL hatte in Wahrheit im Herbst 1918 erkannt, dass eine deutsche Niederlage unabwendbar gewesen war, weshalb sie zugelassen hatte, dass die Regierung anfing, über einen Waffenstillstand zu ver handeln. Für die Öffentlichkeit kam die deutsche Kapitulation aufgrund der → Propaganda während des Krieges jedoch über raschend, sodass die Dolchstoßlegende insbesondere bei der
→ nationalistischen Bevölkerung auf fruchtbaren Boden fiel. Die
extrem rechten Parteien, die → Deutschnationale Volkspartei (DNVP) und die → NSDAP, griffen die Dolchstoßlegende in ihrem politischen Kampf gegen die → Sozialdemokratie während der gesamten → Weimarer Republik auf. In den 1920er Jahren erhielt die Dolchstoßlegende zudem eine zunehmend antisemitische Färbung, indem neben linken Parteien das → Judentum für die Niederlage im Ersten Weltkrieg verantwortlich gemacht wurde.
E
Ehrenamtlich
Eine Tätigkeit, die freiwillig und ohne Arbeitslohn ausgeübt wird, bezeichnet man als ehrenamtlich.
Ehrenwache
Als Ehrenwache wird die von Angehörigen des Militärs gestellte Bewachung bezeichnet, die als Teil eines Zeremoniells oder als Ausdruck besonderer Ehre vor einem Gebäude, einem Denkmal oder einer ähnlichen Einrichtung, aber auch bei besonderen und denk würdigen Anlässen wie Staatsbesuchen, Staatsfeiertagen und Trauerfeiern gehalten wird.
Emigration, emigrieren, Emigrant:in
Emigration ist die dauerhafte Auswanderung aus dem Heimatland. Sie kann freiwillig, zum Beispiel aus persönlichen oder wirtschaft lichen Gründen, oder aber auch erzwungen, zum Beispiel aus politischen oder religiösen Gründen, erfolgen. Während der → NS Zeit emigrierten etwa eine halbe Million Menschen als Flucht vor Verfolgung aus dem → Deutschen Reich, insbesondere → Juden:Jüdin nen und politische Gegner:innen der Nationalsozialist:innen.
Entnazifizierungsverfahren
Entnazifizierung meint die Befreiung der deutschen Gesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg von → nationalsozialistischem Einfluss. Die Verfahren sollten feststellen, wer welche Schuld trug, um Verbrechen angemessen zu bestrafen.
Erinnerungskultur
Der Begriff Erinnerungskultur bezeichnet den gesellschaftlichen sowie individuellen Umgang mit der eigenen Geschichte. Erinne rungskulturen sind die historisch und kulturell unterschiedlichen Ausprägungen eines kollektiven Gedächtnisses.
Erwerbslos
Erwerbslos ist ein anderes Wort für arbeitslos.
Exil
Exil bezeichnet den Aufenthaltsort eines Menschen, der aus seiner Heimat vertrieben wurde oder diese verlassen musste, weil er aus politischen Gründen verfolgt wurde.
F
Faschismus, faschistisch, Faschist:in
Der Faschismus ist eine rechtsextreme politische Strömung, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Italien entstand. Das politische
→ Regime, das die von Benito Mussolini angeführte faschistische Partei errichtete, war ein autoritäres und auf Mussolini als → diktatorischen → Führer („Duce“) zentriertes Regierungssystem, das die
→ Demokratie ablehnte und die Bevölkerung in ihren Rechten beschnitt. Politische Gegner:innen wurden verfolgt, Meinungs und Pressefreiheit abgeschafft, die politische → Opposition verboten und die freien → Gewerkschaften aufgelöst. Massenorganisationen für Kinder, Jugendliche und Frauen sollten eine weitgehende → ideologische Durchdringung der Gesellschaft in Form eines allgegen wärtigen Führerkults bewirken. Im → Deutschen Reich griffen die
→ Nationalsozialist:innen den italienischen Faschismus als politisches System – eine nach dem Führerprinzip aufgebaute Einparteien diktatur zur Abschaffung der parlamentarischen Demokratie – auf und verknüpften ihn mit völkischem → Rassismus und → Antisemitismus.
Führer
Als Führer:in wird allgemein eine Person bezeichnet, die einen Bereich allumfassend kontrolliert. In der → NSZeit wurde die Rolle des Führers als übergreifendes Prinzip verstanden, bei dem alle Entscheidungen → hierarchisch von oben nach unten befehligt wurden. Adolf Hitler stand als Der Führer an der Spitze des NS Staates.
G
Gauleitung
Ursprünglich wurden politische Verwaltungseinheiten der German:innen als Gaue bezeichnet. Die → NSDAP bediente sich dieses Begriffs und teilte nach ihrer Neugründung 1925 auf Veranlassung Adolf Hitlers das Reichsgebiet in 42 Gaue auf. Die Auslandsorganisation der Partei zählte als 43. Gau. Der Gauleiter, oberster Hoheitsträger der NSDAP im Gau, war Adolf Hitler direkt unterstellt und trug die Verantwortung für sein Gebiet.
Gedenkstätte
Gedenkstätten sind öffentliche Erinnerungsorte, die als Teil der
→ Erinnerungskultur Besucher:innen zum Gedenken veranlassen sollen, das heißt zur Bewusstmachung historischer Ereignisse und den damit verbundenen Personen an einem konkreten historischen Ort. Gedenkstätten verpflichten sich dazu, die Erinnerung an das vor Ort Geschehene und die Schicksale von Opfern im kollektiven Gedächtnis der Gesellschaft aufrechtzuerhalten. Anders als Denkmale und Mahnmale zeichnen sich Gedenkstätten durch eine umfassende Vermittlung von Informationen aus, in der Regel durch eine öffent lich zugängliche Ausstellung sowie eine intensive pädagogische Arbeit mit Besucher:innen, insbesondere Jugendlichen. Gedenkstätten fungieren als Institutionen und sind Ansprechpartner:innen für die interessierte Gesellschaft. Gedenkstätten im Allgemeinen und → KZ Gedenkstätten im Besonderen befinden sich zumeist an den un mittelbaren historischen Tatorten und ermöglichen eine Ausein andersetzung mit der Vergangenheit an einem authentischen historischen Ort.
Geheime Staatspolizei
Die Geheime Staatspolizei (Gestapo) war die → Politische Polizei im
→ Nationalsozialismus. Aufgabe der Gestapo war die Entdeckung und Verfolgung aller Handlungen, die das nationalsozialistische
→ Regime als politische Vergehen und Verbrechen ansah. Die Gestapo war also Justiz und Polizei in einem. Sie brauchte dazu Hinweise von anderen und arbeitete eng mit anderen Verwaltungen und der Bevölkerung zusammen. Die Gestapo war wichtigster Teil des Verfolgungsnetzwerks.
Genoss:in
Der Begriff Genoss:in ist althochdeutsch und bedeutet „jemand, mit dem man etwas teilt“. Er ist eine in linken Parteien häufig verwendete Anrede der Mitglieder untereinander.
Gestapo
→ Geheime Staatspolizei
Gewerkschaft
Eine Gewerkschaft ist eine Vereinigung von Arbeitnehmer:innen, die ihre Interessen gegenüber Arbeitgeber:innen vertritt. Die Gewerk schaft verhandelt für ihre Mitglieder mit Arbeitgeber:innen zum Beispiel um den Lohn, Urlaubstage, Pausen oder Fortbildungen.
Gleichschaltung, gleichgeschaltet
Als Gleichschaltung wird die erzwungene Eingliederung von Staatsorganen und Verbänden in ein → zentralisiertes → diktatorisches
→ Regime bezeichnet.
H
Hakenkreuz
Die Swastika ist ein Kreuz mit vier abgewinkelten Armen, ein soge nanntes Sonnenrad, das in die asiatische und europäische Frühge schichte zurückreicht und als Heils und Glückszeichen gilt. Im
19. Jahrhundert wurde die nun als Hakenkreuz bezeichnete Swastika durch die völkische Bewegung zu einem Symbol der → arisch germanischen Rasse umgedeutet und wurde als Rückbesinnung auf eine vermeintliche vorchristliche germanische Kultur zum Symbol ihrer → rassistischen und → antisemitischen → Ideologie. 1920 über nahm die → NSDAP das nun um 45° nach rechts geneigte Haken kreuz als offizielles Zeichen, 1935 wurde es zum Hoheitszeichen des
→ Deutschen Reichs erklärt und war Teil der Reichs, National und Handelsflagge. Als eindeutiges Symbol der → NSHerrschaft zählt das Hakenkreuz heute in Deutschland und weiteren Staaten zu den verfassungsfeindlichen Symbolen, deren Verwendung außerhalb politischaufklärerischer Zwecke verboten ist.
Hierarchie, hierarchisch
Hierarchie bezeichnet eine strenge Rangordnung innerhalb von Organisationen oder sozialen Systemen. Hierarchien treten in zahl reichen Bereichen auf, etwa in der Verwaltung von Staaten, Ländern, Gemeinden, Parteien, Unternehmen oder dem Militär. In einer Hierarchie ist genau festgelegt, wer was darf und welche Aufgaben hat. Sie kann in Form einer Pyramide veranschaulicht werden: Anweisungen werden gemäß dem bestehenden Machtgefälle von höherstehenden Personen den jeweils unter ihnen stehenden Rängen erteilt. Die → NSDAP war beispielsweise eine straff hierarchisch organisierte Partei.
Hilfspolizei
→ Stahlhelm, → SA und → SSMitglieder wurden in den ersten Monaten der → nationalsozialistischen → Diktatur zu Hilfspolizisten ernannt. Als solche waren sie an Verhaftungen beteiligt und wurden als Wachmannschaften in → Konzentrationslagern eingesetzt.
I
Ideologie, ideologisch
Ideologie bezeichnet im politischen Sinne eine bestimmte → Welt anschauung einer sozialen Gruppe. Ziel einer sozialen Gruppe wie beispielsweise einer politischen Partei ist es, ihre Ideologie, die sich durch konkrete Denkweisen und Werte auszeichnet, politisch und gesellschaftlich zu verwirklichen. Die → NSIdeologie etwa beinhal tete unter anderem → nationalistische, → rassistische und → antise mitische Vorstellungen, die die Nationalsozialist:innen in ihrem Konzept der → Volksgemeinschaft vereinten und als ein gesellschaftliches Ideal anstrebten.
IKL
→ Inspektion der Konzentrationslager
Inspektion der Konzentrationslager
Die Inspektion der Konzentrationslager (IKL) wurde 1934 zum Zweck der Umstrukturierung und → Zentralisierung des → KZ Systems gegründet. Der erste Leiter war Theodor Eicke. Das Amt verwaltete jedes Konzentrationslager, das unter der → national sozialistischen → Diktatur errichtet wurde, von vier Ausnahmen abgesehen: Diese vier Ausnahmen waren die → Vernichtungslager Belzec, Sobibor, Treblinka und Chelmno.
Internierungslager
Internierungslager ist allgemein die Bezeichnung für ein Lager, in dem Menschen zur Haft eingesperrt werden. Bei den Inhaftierten handelt es sich häufig um Zivilist:innen, Kriegsgefangene oder
→ Zwangsarbeiter:innen. Die deutschen → Konzentrationslager, in denen politische und gesellschaftliche Gegner:innen der → National sozialist:innen inhaftiert waren, wurden damals teilweise auch als Internierungslager bezeichnet.
J
Juden:Jüdinnen, jüdisch, Judentum
Juden:Jüdinnen sind die Mitglieder der jüdischen Glaubens und Kulturgemeinschaft. In der → nationalsozialistischen → Ideologie stellten sie eine eigene Rasse dar und waren Opfer → rassistischer und
→ antisemitischer Verfolgung, die die Ausrottung des gesamten Volkes zum Ziel hatte. Sie wurden europaweit entrechtet und millionenfach systematisch in → Konzentrationslagern umgebracht. Der nationalsozialistische Völkermord an jüdischen Menschen ist als Holocaust oder Schoah bekannt.
K
Kaserne
Eine Kaserne ist ein Gebäude oder auch ein Gebäudekomplex zur ständigen Unterbringung von militärischen Truppen.
KdAW
→ Komitee der Antifaschistischen Widerstandskämpfer
Klasse
Im 19. Jahrhundert kam die Vorstellung auf, dass sich die Gesell schaft eines Landes aufgrund ungleicher Besitzverhältnisse in bestimmte, in sich geschlossene Klassen einteilen lässt. Die Arbeiter klasse, für wenig Lohn hart arbeitende Land und Fabrikarbei ter:innen, grenzt sich dabei scharf von der → hierarchisch über ihr stehenden Klasse der Reichen ab, zum Beispiel Fabrikbesitzenden.
Eines der Ziele des → Kommunismus ist es, diese Klassengesellschaft im Sinne einer sozialen Gerechtigkeit aufzulösen und eine klassenlose Gesellschaft zu schaffen.
Koalition, Koalitionspartner:in
Kann in einem parlamentarischen System keine politische Partei eine absolute Mehrheit der Parlamentsabgeordneten erzielen, müssen zwei oder mehr Parteien zur Bildung einer stabilen Regierung ein Bündnis eingehen, das Koalition genannt wird. Die an einer Koalition beteiligten Parteien werden als Koalitionspartner:innen bezeichnet.
Komitee der Antifaschistischen Widerstandskämpfer
Das Komitee der Antifaschistischen Widerstandskämpfer war eine gesellschaftliche Organisation zur politischen Repräsentation
→ antifaschistischer Widerstandskämpfer:innen und Verfolgten des
→ NS→ Regimes in der → DDR. Das Komitee ging 1953 als Nach folgeeinrichtung aus der in der DDR aufgelösten → Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Anti faschisten (VVNBdA) hervor. Angesichts des zur staatlichen Leit linie erhobenen Antifaschismus war das Ziel dieses organisatorisch eng mit der → Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) verbundenen Komitees die Vermittlung des antifaschistischen Widerstandskampfs.
Kommune, kommunal
Die → Bundesrepublik Deutschland ist in 16 Bundesländer aufgeteilt. Diese teilen sich ebenfalls in kleinere Gebiete wie zum Beispiel Städte und Kreise. Ein Kreis besteht aus mehreren Gemeinden und Groß städte können in Stadtbezirke unterteilt sein. Kreise, Gemeinden, Städte und Stadtbezirke sind Kommunen, wenn sie die untersten Verwaltungseinheiten sind. Wenn sich etwas auf eine Kommune bezieht, nennt man das kommunal.
Kommunismus, kommunistisch, Kommunist:in
Der Begriff des Kommunismus leitet sich ursprünglich vom lateinischen „gemeinsam“ ab. Gemeint ist damit eine → Ideologie, die die Errichtung einer → klassenlosen Gesellschaft zum Ziel hat.
Kommunistische Partei Deutschlands
Die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) wurde am 30. De zember 1918 gegründet. Sie erstrebte die sofortige Regierungsüber nahme, da sie sich als Vertreterin der Arbeiter:innen, also der Mehr heit der Bevölkerung, ansah. Daher lehnte sie es ab, an den Wahlen zur Nationalversammlung teilzunehmen. Nach der Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg durch rechtsradikale Offiziere 1919 änderte die KPD ihre Haltung und beteiligte sich ab 1920 an den Reichstagswahlen. Als sich die USPD (Unabhängige Sozial demokratische Partei Deutschlands) im Oktober 1920 spaltete und ihr linker Flügel zur KPD übertrat, wurde die KPD zur Massen partei. Mit der → Weltwirtschaftskrise ab 1929 wurde sie zur Partei der Arbeitslosen. Sie bekämpfte neben den rechten und konservativen Parteien auch die → SPD, die im Reich, in Preußen und in Berlin für Kürzungen der Sozialausgaben mitverantwortlich war. 1933 kam es zu großen Verhaftungswellen unter den KPDAnhänger:innen und die Partei wurde schließlich verboten. Ihre Mitglieder wurden als politische Gegner:innen der → Nationalsozialist:innen massiv ver folgt, leisteten aber auch Widerstand. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Partei neugegründet. 1956 wurde sie in der → Bundes republik als verfassungswidrig erneut verboten.
Konzentrationslager
Konzentrationslager dienten während der → NSZeit der Inhaftie rung, Misshandlung und Ausbeutung politischer Gegner:innen und unerwünschter Minderheiten. Die ersten Konzentrationslager er füllten vor allem den Zweck der Ausschaltung von politischen Gegne r:innen. Sie wurden ab 1934 von der → IKL zentral verwaltet.
Während des Zweiten Weltkriegs wurden Inhaftierte der Konzen trationslager immer mehr zur → Zwangsarbeit vor allem in der Kriegsindustrie eingesetzt. Die Häftlinge lebten unter menschen unwürdigen Bedingungen, sie schliefen auf einfachen Holzpritschen, bekamen wenig Essen und mussten schwer arbeiten. Tausende starben an Hunger, Erschöpfung, Krankheiten oder an den Folgen von Misshandlungen. Einige Konzentrationslager in den besetzten Gebieten in Osteuropa waren gleichzeitig → Vernichtungslager.
Köpenicker Blutwoche
Die Köpenicker Blutwoche kann als ein Höhepunkt des → SATerrors nach der Ernennung Adolf Hitlers zum → Reichskanzler betrachtet werden. Das reichsweite Verbot des → Deutschnationalen Kampf rings zum Anlass nehmend, begannen Mitglieder des SASturm banns 15 am Vormittag des 21. Juni 1933 gezielt, politische Gegne r:innen und → Juden:Jüdinnen in BerlinKöpenick zu verhaften. Diese Maßnahmen eskalierten in den folgenden Tagen und waren von einer unglaublichen Brutalität geprägt. Hunderte von → Regime gegner:innen wurden in der Woche vom 21. Juni 1933 von der SA auf das Schwerste misshandelt, mindestens 22 starben an den Folgen.
Korpsgeist
Korpsgeist bezeichnet den emotionalen Zusammenhalt in Form eines WirGefühls einer bestimmten sozialen Gruppe. Gemeint ist ein Gemeinschaftssinn, den eine soziale Gruppe nach innen durch
→ Solidarität beweist und nach außen durch ein einheitliches Auftreten verkörpert. Korpsgeist tritt häufig im Militär und Polizei wesen auf, kann jedoch auch in der Politik sowie in Unternehmen zum Tragen kommen.
Korrektionsanstalt
In Korrektionsanstalten (auch: Besserungsanstalten) waren bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts Menschen untergebracht, die zur Arbeit und einem vermeintlich geordneten Leben gebracht werden sollten. Davon betroffen waren beispielsweise entlassene Sträflinge,
→ Arbeitsscheue oder → Asoziale.
Korruption, korrupt
Unter Korruption versteht man den Missbrauch eines Amtes oder einer Stellung, um einen persönlichen oder politischen Vorteil zu gewinnen. Dies geschieht beispielsweise bei Bestechung.
KPD
→ Kommunistische Partei Deutschlands
KZ
→ Konzentrationslager
L
Lagerkommandant
Ein Lagerkommandant war ein höherer → SSOffizier, dem die Verfügungsgewalt über ein → Konzentrationslager oblag. Neben dem Häftlingslager unterstanden ihm auch die SSWachmannschaften und die Kommandantur. In kleineren Lagern konnten auch Träger niederer SSDienstgrade als Kommandanten eingesetzt werden.
Legitimation, legitimieren Wenn etwas legitimiert ist, dann ist es rechtmäßig und gerechtfertigt.
Linksliberalismus, linksliberal, Linksliberale:r
Linksliberalismus ist die Bezeichnung für eine politische Richtung. Die Anhänger:innen dieser politischen Strömung bezeichnet man als linksliberal. Linksliberalismus verbindet liberale und sozialpolitische Ideen. Verfechter:innen des Linksliberalismus konzentrierten sich während des 19. Jahrhunderts vorwiegend auf die Durchsetzung von Freiheitsrechten von Personen. Linksliberale verlangen außerdem die Partizipation und das Recht zur stärkeren Mitbestimmung des Volkes in Bezug auf die staatliche Politik.
M
Männerbund
Als Männerbund bezeichnet man eine eingeschworene Gruppe von Männern, die sich zusammengeschlossen haben, da sie das gleiche Ziel verfolgen. Innerhalb eines Männerbundes gibt es festgelegte Rituale und oftmals strenge Regeln. Die → Hierarchie innerhalb des Männerbundes ist in vielen Fällen auch klar festgelegt. Männerbünde verstehen sich selbst als gesellschaftserhaltend und verfolgen oftmals das Ziel, eine Funktion innerhalb von Eliten zu erlangen. Viele Männerbünde haben besondere äußere Merkmale, die einen Wieder erkennungswert bieten sollen. Wie der Name bereits verrät, sind Frauen prinzipiell kein Teil eines Männerbundes. Als Beispiel für Männerbünde in der Zeit des → Nationalsozialismus lässt sich die
→ SS nennen, die auf diese Ideen zurückgriff.
Marxismus, marxistisch, Marxist:in
Der von Karl Marx und Friedrich Engels begründete Marxismus ist eine Wirtschafts und Gesellschaftstheorie. Es geht dabei um das Ziel, durch einen revolutionären Umsturz eine → klassenlose Gesell schaft zu erschaffen. Die Zeit des Umsturzes, in der eine → Diktatur des → Proletariats hergestellt werden sollte, bezeichneten Marx und Engels als → Sozialismus. Das Endergebnis der klassenlosen Gesell schaft sollte der → Kommunismus sein.
Massaker
Als Massaker werden brutale Massenmorde bezeichnet. Sie finden häufig am Rande von Kriegen statt. Ihre Opfer sind meist Kriegsge fangene oder Zivilist:innen, die aus politischen oder → ideologischen Gründen ermordet werden.
Moorsoldat
„Die Moorsoldaten“ ist der Titel eines Liedes, das 1933 von Häftlin gen des → Konzentrationslagers Börgermoor bei Papenburg im Ems land geschrieben worden ist. Am 27. August 1933 erlaubten Wach männer einen Auftritt des „Zirkus Konzentrazani“, den die Häftlinge selbst gegründet hatten. Am Ende des Auftritts wurde das Lied „Die Moorsoldaten“ erstmals vor allen Zuschauenden aufgeführt. In dem Liedtext beschrieben die Häftlinge ihren Alltag im Konzentrations lager Börgermoor. Das Lied wurde vom → Lagerkommandanten unverzüglich verboten, da einige Zeilen auf eine mögliche Revolte innerhalb des Lagers hindeuteten oder dazu aufrufen sollten. „Die Moorsoldaten“ ist ebenfalls der Titel eines von Wolfgang Langhoff verfassten Buches über das Konzentrationslager und seine Erfah rungen als Verfolgter des → nationalsozialistischen → Regimes. Die politischen Häftlinge der frühen Emslandlager bezeichneten sich selbst als Moorsoldaten.
N
Nationalismus,nationalistisch, Nationalist:in
Nationalismus ist eine → Ideologie, bei der vertreten wird, dass die eigene Nation beziehungsweise der eigene Staat besser und wichtiger sei als andere. Diese Idee ist oft mit aggressivem Auftreten verbun den, weshalb Nationalismus eine Gefahr für andere Staaten sein kann. Die → Nationalsozialist:innen vertraten einen starken Nationalismus.
Nationalsozialismus, nationalsozialistisch Nationalsozialist:in
Der Nationalsozialismus ist die Bezeichnung für eine → rassistische,
→ antisemitische und → nationalistische Bewegung, die sich in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg bildete und bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 Bestand hatte. Die Anhänger:innen dieser politischen Gruppe nennt man Nationalsozialist:innen. Mit dem Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft im → Deutschen Reich wurde die → Demokratie der → Weimarer Republik beendet. An ihrer Stelle folgte eine → Diktatur der → NSDAP unter der Führung Adolf Hitlers. Der Nationalsozialismus folgte einer → Weltan schauung, in der es um die Verbreitung und den Erhalt der → arischen Rasse ging, die auch in Hitlers Werk „Mein Kampf“ dargestellt wurde. Die Herrschaft der NSDAP war geprägt von → Propaganda, Manipulation, Menschenverachtung, Mitläufertum, Unterdrückung und Terror.
Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) wurde 1919 gegründet und war eine der wichtigsten politischen Kräfte in der
→ Weimarer Republik und ab 1933 die einzige Partei im → Deutschen Reich. Die Partei war streng → hierarchisch geordnet und an ihrer Spitze stand ab 1921 Adolf Hitler. Sie vertrat den → Nationalsozialis mus mit seiner → antisemitischen, → rassistischen und → nationalistischen Ausrichtung. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die NSDAP 1945 verboten.
Notverordnung
Als Notverordnung wird ein Beschluss der Regierung bezeichnet, der ohne Zustimmung des Parlaments zwangsweise erlassen werden kann. Da die Regierung im Normalzustand keine Gesetze ohne Zustimmung des Parlamentes verabschieden darf, muss es eine Krise geben, die das System bedroht. Erst dann ist eine beschleunigte Gesetzgebung durch Notverordnungen gerechtfertigt. In der → Wei marer Republik wurde das Notverordnungsrecht in Artikel 48 der Verfassung festgelegt, was dem Reichspräsidenten die Macht verlieh, ohne das Parlament zu regieren. Anwendung fand das Notstands gesetz während der Zeit des → Nationalsozialismus in der sogenannten → Reichstagsbrandverordnung, die die bestehenden Grund rechte außer Kraft setzte.
Notverordnung „Zum Schutz von Volk und Staat“
→ Reichstagsbrandverordnung
NS
→ Nationalsozialismus
NSDAP
→ Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
Nürnberger Rassengesetze
Die drei Nürnberger Rassengesetze wurden 1935 auf dem → Reichs parteitag der → NSDAP verkündet. Dabei wurde festgelegt, dass
→ Juden:Jüdinnen keine deutschen Bürger:innen sein können, was dazu führte, dass jüdische Menschen ihre Rechte verloren. Auch Beziehungen zwischen → Arier:innen und Juden:Jüdinnen wurden als
→ Rassenschande verboten.
O
Oberscharführer
Oberscharführer war ein Dienstgrad der → SS, der einem mittleren Unteroffiziersrang entsprach.
Opposition
Die Opposition ist ein Zusammenschluss der Politiker:innen in einem Parlament, die nicht zur Regierung gehören. Oppositionelle stehen dieser entgegen und vertreten oftmals eine andere Ansicht. Die Opposition kann ihre Meinung und eigene Ideen einbringen. Sie wirft einen genauen Blick auf die Arbeit der Regierung.
P
Paramilitärisch
Das Militär stellt die offizielle Armee eines Landes dar. Der Vorsatz
„para“ bedeutet so viel wie „neben“. Dementsprechend bedeutet paramilitärisch, dass etwas neben der offiziellen Armee existiert. Paramilitärische Organisationen sind allerdings ebenfalls mit Waffen und Kampfmitteln ausgerüstet. Es gibt sowohl legale als auch illegale paramilitärische Gruppen. Legale existieren im Wissen der Regie rung des Landes, sind aber nicht in den militärischen Strukturen eingebunden, sondern agieren häufig im Inneren des Landes, während die offizielle Armee im Ausland eingesetzt wird. Die illegalen paramilitärischen Gruppen, maßen sich militärische Kompetenzen an, agieren jedoch nicht im Auftrag der Regierung.
Parteifunktionär:in
Ein:e Parteifunktionär:in übernimmt bestimmte Aufgaben innerhalb einer Partei und handelt in deren Interesse. Diese Tätigkeit kann als Beruf, aber auch → ehrenamtlich ausgeübt werden.
Politische Polizei
Politische Polizei steht für Polizeiorgane, die sich hauptsächlich mit der Untersuchung und Verfolgung von Straftaten befassen, die auf politischer Ebene stattfinden. Sie ist ein klassisches Merkmal von autoritären oder → diktatorischen Staaten, da diese politische Gegne r:innen unterdrücken und verfolgen, um ihren Machtanspruch zu verteidigen und zu sichern. Die Politische Polizei handelt nicht nach gültigem Recht und erhält von der Regierung weitreichende Auto rität. Politische Polizeien arbeiten oft mit Terror und verbreiten Angst und Schrecken. Beispiele für Politische Polizeien in der deutschen Geschichte sind die → Gestapo in der → NSZeit und die Staats sicherheit (Stasi) in der → DDR.
Politischer Soldat
Die Bezeichnung des Politischen Soldaten beschrieb die Idealvor stellung eines Mannes im → Nationalsozialismus. Hierbei orientierte sich der NSStaat hinsichtlich der Erziehung der Männer an
→ Männerbünden mit einem Todes und Gewaltkult. Die Männer im Nationalsozialismus sollten von Beginn an nach nationalsozialistischen Werten erzogen werden. Das Ziel der Männer sollte sein, das
→ Deutsche Reich mit allem, was sie hatten, zu verteidigen und für die zu dieser Zeit vorherrschenden Werte zu kämpfen. Im Fokus stand dabei das Verhältnis von Bruderschaft zu Vaterlandstreue.
Preußenschlag
Der sogenannte Preußenschlag fand am 20. Juli 1932 statt und bezeichnet die Absetzung der preußischen Regierung. Durch zwei
→ Notverordnungen am selben Tag wurde die Staatsgewalt des preußischen Landtages auf die Reichsregierung von Franz von Papen übertragen. Jegliche Form des Widerstandes wurde vom Reichs präsidenten Paul von Hindenburg für illegal erklärt, was eine große Einschränkung der Grundrechte in Preußen bedeutete. Der Preußenschlag hatte zur Folge, dass der Föderalismus im → Deut schen Reich geschwächt wurde.
Proletariat, proletarisch
Der Begriff des Proletariats bezeichnete seit der industriellen Revo lution im 19. Jahrhundert eine Gruppe von Menschen, die für wenig Lohn in Fabriken sehr viel arbeiten mussten, da sie kaum mehr Besitz hatten als ihre reine Arbeitskraft. Mit Karl Marx, Friedrich Engels und deren Schriften entstanden die Lehren des → Kommunismus.
Das Proletariat, also die arbeitende Gesellschaft, wird dabei dazu aufgerufen, eine Gesellschaft zu schaffen, die ohne Abgrenzung zwischen → Klassen lebt.
Propaganda, propagandistisch
Propaganda ist politisch→ weltanschauliche Werbung mit dem Ziel, die Meinung von Menschen zu beeinflussen und zu lenken.
Publikation
Publikationen sind Veröffentlichungen von Werken. Das Wort wird sowohl für den Akt der Veröffentlichung selbst als auch für das ver öffentlichte Werk benutzt. Als Publikationen bezeichnet man in der Regel schriftliche Werke, wie beispielsweise Bücher, Zeitschriften oder Zeitungen.
R
Rassenschande
Als Rassenschande wurden Beziehungen zwischen → Juden:Jüdinnen und → Arier:innen bezeichnet. Mit den → Nürnberger Rassengesetzen wurden diese Beziehungen verboten. Tausende Menschen wurden deshalb öffentlich gedemütigt und die jüdischen Beteiligten oft zu → Schutzhaft verurteilt.
Rassismus, rassistisch, Rassist:in
Rassismus ist eine → Ideologie, die besagt, dass es bei Menschen verschiedene Rassen gebe. Diese werden dabei durch bestimmte biologische oder kulturelle Merkmale voneinander abgegrenzt. Auf Grundlage dessen wird behauptet, dass sie einen unterschiedlichen Wert hätten. Eine rassistische Haltung führt dazu, dass Menschen ausgegrenzt, benachteiligt oder sogar misshandelt werden. Rassismus war ein zentrales Konzept im → Nationalsozialismus. Dort wurden die → Arier:innen, zu denen die Deutschen gezählt wurden, als beste Rasse angesehen, die über anderen wie den → Juden:Jüdinnen oder auch → Sinti:zze und Rom:nja stehen würden.
Räterepublik
Die Räterepublik ist ein politisches System, das nach Ende des Ersten Weltkriegs für das → Deutsche Reich diskutiert wurde. Eine Rätere publik ist aufgebaut wie eine stufenartige Pyramide. In diesem Stu fensystem werden Räte gewählt, die von einer jeweils über ihnen stehenden Stufe vertreten werden. Ganz unten ist die Wähler:innen schaft in einer Basiseinheit organisiert, die Vertreter:innen in die nächsthöhere Ebene entsenden. Diese Vertreter:innen sind die Räte, die wiederrum durch Wahlen Vertreter:innen in übergeordnete Räte entsenden. Diese übergeordneten Räte wählen als letzte Instanz Ver treter:innen aus ihren Reihen in den an der Spitze stehenden Zentral rat. In einer Räterepublik gibt es keine Abgeordneten, die feste Aufgaben erhalten, sondern es finden Wahlen statt, in denen öffentliche Ämter verteilt werden. Eine Gewaltenteilung gibt es in der Räterepublik nicht.
Razzia
Als Razzia wird eine überraschend durchgeführte Fahndung oder Durchsuchung von Personen oder Räumen bezeichnet. Wenn die Polizei Razzien durchführt, passiert dies geplant und kontrolliert, aber plötzlich, um jegliche Vorbereitung und Vernichtung von Beweisen zu verhindern. Ziel ist das Auffinden von Personen oder Beweismitteln an abgesperrten Orten.
Rechtsfreier Raum
Als rechtsfreier Raum werden Orte und begrenzte Gebiete bezeich net, in denen keine Rechte vorhanden sind. Oftmals gelten auf dem begrenzten Gebiet zwar Gesetze, diese werden allerdings nicht beachtet oder können nicht durchgesetzt werden, beispielsweise in Staaten, in denen die öffentliche Ordnung zusammengebrochen ist.
Regime
Mit Regimen werden Herrschaftssysteme bezeichnet, die eine be stimmte politische → Ideologie umsetzen. Im allgemeinen Sprach gebrauch wird der Begriff abwertend benutzt und beschreibt oft einen nicht→ demokratischen Staat. Der → Nationalsozialismus im
→ Deutschen Reich war ein Regime.
Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold
Das Reichsbanner SchwarzRotGold(oft abgekürzt als Reichs banner) wurde 1924 als ein überparteiliches Bündnis zum Schutz der
→ demokratischen → Weimarer Republik gegründet. Ursprünglich als Veteranenverband ins Leben gerufen, entwickelte sich das Reichs banner zur Massenorganisation. Die Mitglieder waren parteilos oder gehörten der → SPD, der → Zentrumspartei oder der DDP (Deutsche Demokratische Partei) an, wobei der Anteil der → Sozialdemo krat:innen deutlich am größten war. 1931 schloss sich das Reichs banner mit den freien → Gewerkschaften und anderen Verbänden zur Eisernen Front zusammen, die → republikfeindliche Bestrebungen abwehren sollte. Nachdem die → Nationalsozialist:innen 1933 die Macht übernommen hatten, wurde das Reichsbanner aufgelöst und seine Mitglieder verfolgt. Viele beteiligten sich aber am Widerstand gegen die nationalsozialistische → Diktatur. Das Reichsbanner wurde 1953 wiedergegründet und besteht in veränderter Form bis heute.
Reichskanzler
Der Titel Reichskanzler bezeichnet von 1871 bis 1945 den Regie rungschef des → Deutschen Reiches. Der Reichskanzler konnte vom Reichspräsidenten, der vom Volk direkt für sieben Jahre gewählt wurde, ernannt und auch wieder entlassen werden. Die Aufgaben des Reichskanzlers bestanden nach der Verfassung der → Weimarer Republik darin, die Richtlinien der Politik zu bestimmen, durchzu setzen und deren Einhaltung zu kontrollieren. Zudem hatte er den Vorsitz innerhalb der Regierung inne. Adolf Hitler wurde am
30. Januar 1933 zum Reichskanzler ernannt.
Reichsparteitag
Reichsparteitage waren Versammlungen der → NSDAP, die zwischen 1923 und 1938 stattfanden. Ab 1927 fanden sie in Nürnberg statt, wo das Reichsparteitagsgelände gestaltet wurde. Die Parteitage dienten der → Propaganda und wurden ab 1933 als große Staatsfeste insze niert. Programmpunkte waren unter anderem eine Ansprache von Adolf Hitler, Märsche und Paraden von → nationalsozialistischen Organisationen wie der → SA und → SS, Volkstänze und Sportvorfüh rungen der Hitlerjugend. Auf dem Reichsparteitag 1935 wurden die
→ Nürnberger Rassengesetze verkündet.
Reichsstatthalter
Die Position des Reichsstatthalters wurde von der → NSRegierung unmittelbar nach der Machtübertragung 1933 geschaffen. Ein Reichsstatthalter sollte als Schnittpunkt zwischen dem Reich und den Ländern fungieren. Er wurde vom → Reichskanzler vorgeschlagen
und dann vom Reichspräsidenten ernannt, weshalb er unabhängig vom Vertrauen der Reichsbehörden und der Parlamente der jeweili gen Länder war. Die Aufgabe des Reichsstatthalters war es, die Länder, für die er zuständig war, zu beobachten und in den Land tagen darauf zu achten, dass die Richtlinien des Reichskanzlers von den Ministerpräsidenten eingehalten wurden. In diesem Zusam menhang erhielt er unter anderem die Macht, den Landtag aufzu lösen, Ministerpräsidenten zu entlassen oder zu ernennen. Mit der Unterstellung der Landesregierungen war die → Gleichschaltung der Länder unter dem Reich praktisch abgeschlossen.
Reichstag
Der Reichstag war während der Kaiserzeit und der → Weimarer Republik das Parlament des → Deutschen Reiches. Neben dem Parla ment selbst hieß auch das Gebäude, in dem es tagte, Reichstag.
Diesen Namen trägt das Gebäude heute noch und es ist der Sitzungs ort des Deutschen Bundestages.
Reichstagsbrandverordnung
Die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“, bekannt als Reichstagsbrandverordnung, wurde als → Notver ordnung am 28. Februar 1933 erlassen. Am Tag zuvor war es zum Brand im → Reichstag gekommen, dessen Ursache bis heute umstrit ten ist. Die → nationalsozialistische → Propaganda machte → Kom munisten dafür verantwortlich und stellte den Brand als Beginn eines Aufstandes dar. Auf dieser Grundlage sollte die Verordnung zur
„Abwehr kommunistischer staatsgefährdender Gewaltakte“ beitragen. Tatsächlich setzte sie die meisten Grundrechte außer Kraft wie beispielsweise die Freiheit der Person, die Meinungs und Pressefreiheit oder das Postgeheimnis. Damit bot die Verordnung auch die rechtliche Grundlage, um Menschen in → Schutzhaft zu nehmen. Die Reichstagsbrandverordnung legte so einen der Grund steine für die Errichtung der nationalsozialistischen → Diktatur.
Reichswehr
Die Reichswehr war nach Ende des Ersten Weltkriegs, während der
→ Weimarer Republik und bis in die ersten Jahre der → NSZeit die offizielle Armee des → Deutschen Reiches. Die Streitkräfte waren im März 1919 von der Reichsregierung vorläufig gegründet worden, nachdem das Deutsche Heer Anfang 1919 aufgelöst wurde. Die Ausrüstung und Größe der Reichswehr war zum Zeitpunkt ihrer Gründung aufgrund der Bedingungen des Versailler Vertrages stark reduziert. Nach der Wiedereinführung der Wehrpflicht durch Adolf Hitler im Jahr 1935 ging die Reichswehr in der von ihm neu gegründeten → Wehrmacht auf.
Republik
Als Republik wird jede Staatsform bezeichnet die nichtmonarchisch ist. In einer Republik geht die Staatsgewalt von dessen Volk aus. Das Volk entscheidet in Wahlen darüber, welche Menschen das Volk im Parlament vertreten sollen und in dessen Namen Gesetze verab schieden dürfen. Die gewählten Vertreter:innen werden durch die Entscheidungsgewalt des Volkes mit der Regierungsbildung beauf tragt. Das Gegenteil zu einer Republik wäre eine absolute Monarchie oder eine → Diktatur.
RFB
→ Roter Frontkämpferbund
Rote Hilfe
Die Rote Hilfe war eine Hilfsorganisation, die sich Anfang der 1920er Jahre gründete und der → KPD nahestand. Sie bot vor allem Hilfe leistungen für politische Angeklagte und Gefangene aus der → Arbei ter:innenbewegung und deren Familien. 1933 wurde sie verboten, war aber noch einige Jahre im Untergrund aktiv. 1975 gründete sich ein Nachfolgeverein mit dem gleichen Namen, der heute noch aktiv ist.
Roter Frontkämpferbund
Der Rote Frontkämpferbund (RFB) wurde 1924 auf Initiative der
→ KPD als Wehr und Schutzorganisation gegründet. Er war
→ propagandistisch tätig und schützte → kommunistische Veranstaltungen. Die Mitglieder waren uniformiert und traten oft in mili tärisch formierten Marschkolonnen in Erscheinung. 1929 wurde der RFB verboten.
S
SA
→ Sturmabteilung
Saalschutz
Als Saalschutz werden Saalordner:innen bezeichnet, die für Ruhe und Ordnung bei politischen und im allgemeinen öffentlichen Ver anstaltungen sorgen. Besonders während der → Weimarer Republik wurden Saalschützer eingesetzt, um politische Veranstaltungen zu überwachen. Der Saalschutz wurde von Mitgliedern der eigenen Partei gestellt, um Gewalt und Ausschreitungen durch Mitglieder anderer Parteien zu verhindern. Aus dem Saalschutz, der bei Veran staltungen der → NSDAP eingesetzt wurde, entstand später die → SA, die sich aus meist ehemaligen Soldaten zusammensetzte.
SAJ
→ Sozialistische Arbeiterjugend
SAP
→ Sozialistische Arbeiterpartei
Schutzhaft
Schutzhaft hieß eine Gefangenschaft, die ohne vorheriges Gerichts urteil und auf unbestimmte Zeit verhängt wurde. Betroffen waren politische Gegner:innen und andere Menschen, die den → National sozialist:innen missliebig waren. Diese wurden → willkürlich fest genommen und oft in → Konzentrationslagern eingesperrt. Das Mittel der Schutzhaft unterdrückte und terrorisierte die Bevölkerung. Die rechtliche Grundlage dafür bildete die → Reichstagsbrand verordnung.
Schutzstaffel
Die Schutzstaffel (SS) wurde 1925 als → paramilitärische Unter organisation der → SA gegründet und war ursprünglich für den persönlichen Schutz Adolf Hitlers zuständig. Sie sah sich als Elite einheit und wurde maßgeblich von Heinrich Himmler geprägt, der sie als ReichsführerSS leitete. Ab 1933 entwickelte sie sich zu einem der wichtigsten → nationalsozialistischen Macht und Terrorinstru mente. So verschmolzen die Grenzen zwischen der SS und der Polizei immer mehr, da Himmler 1936 zum Chef der deutschen Polizei ernannt wurde. Außerdem war die SS in Form der → IKL mit der Organisation und Verwaltung der → Konzentrations und → Vernich tungslager beauftragt. Sie war für die Verfolgung, Bewachung, Aus beutung und Ermordung von hunderttausenden Menschen ver antwortlich. Durch ihren eigenen militärischen Verband, die → WaffenSS, und als Teil der deutschen Besatzungsmacht war sie auch an den Verbrechen während des Zweiten Weltkriegs beteiligt. Die SS wurde 1945 verboten und als verbrecherische Organisation eingestuft.
SED
→ Sozialistische Einheitspartei Deutschlands
Selbstzeugnis
Ein Selbstzeugnis ist ein Schriftstück, in dem die verfassende Person über ihre eigenen Gedanken, Gefühle, Erlebnisse, Taten und ähnlichem schreibt. Sie legt damit Zeugnis von sich selbst ab.
Sinti:zze und Rom:nja
Sinti:zze und Rom:nja sind Selbstbezeichnungen, wobei Rom:nja die größte ethnische Minderheit in Europa benennt, für die beispiels weise eine gemeinsame Sprache, das Romanes, charakteristisch ist.
Sinti:zze sind eine Untergruppe der Rom:nja, die seit Beginn des
15. Jahrhunderts in Deutschland lebt. Das deutsche Wort „Zigeuner“ hingegen ist stark abwertend besetzt und aus diesem Grund lehnt die Mehrheit der Rom:nja ihn als Fremdbezeichnung ab. Die meiste Zeit waren Sinti:zze und Rom:nja als Minderheit ausgegrenzt und wurden häufig diskriminiert. Im 20. Jahrhundert, insbesondere in der Zeit des → Nationalsozialismus, waren sie Opfer → rassistischer Verfol gung, die die Ausrottung des gesamten Volkes zum Ziel hatte. Sie wurden europaweit entrechtet und mehr als 500.000 von ihnen systematisch in → Konzentrationslagern umgebracht. Dieser Völker mord wird als Porajmos bezeichnet.
Solidarität, solidarisch
Man zeigt Solidarität, wenn man zusammenhält, sich gegenseitig unterstützt und füreinander eintritt. Das passiert meistens, weil man die gleichen → Weltanschauungen oder Ziele hat. Solidarität hat zum Beispiel in der → Arbeiter:innenbewegung eine große Rolle gespielt und beruhte auf einem starken Gruppenzusammengehörigkeitsge fühl. Sozialdemokratie, sozialdemokratisch, Sozialdemokrat:in Mitte des 19. Jahrhunderts entstand die politische Bewegung der Sozial demokratie. Sie tritt für Freiheits und Bürgerrechte sowie eine sozial gerechte Wirtschaftsordnung und Gesellschaft ein. Dafür nutzt sie
→ demokratische Mittel.
Sozialdemokratische Partei Deutschlands
Nachdem sich verschiedene Vorläufer zusammengeschlossen hatten, gab sich die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) 1890 ihren Namen. Sie verfolgt eine → sozialdemokratische Politik. In der
→ Weimarer Republik war die SPD eine der stärksten Parteien und trat als Gegnerin der → NSDAP auf. 1933 stimmten allein die Mit glieder der SPD gegen das sogenannte Ermächtigungsgesetz, das die Selbstentmachtung des Parlaments zur Folge hatte und die
→ nationalsozialistische → Diktatur ermöglichte. Wenige Monate später wurde die SPD verboten. Ihre Mitglieder waren in der Zeit des Nationalsozialismus Ausgrenzung, Verfolgung und Misshandlungen bis teilweise Ermordung ausgesetzt. Besonders in den frühen
→ Konzentrationslagern war ihr Anteil unter den Häftlingen groß. Dennoch beteiligten sich einige SPDAnhänger:innen am Wider stand und auch eine Vertretung im Ausland, die Sopade, wurde ein gerichtet. Nach dem Ende des Nationalsozialismus wurde die Partei 1945 wiedergegründet.
Sozialismus, sozialistisch, Sozialist:in
Sozialismus ist die Bezeichnung für eine politische Lehre. Die Vertreter:innen dieser Lehre werden als Sozialist:innen bezeichnet. Die Lehre des Sozialismus verfolgt das Ziel, Gleichheit und → Solida rität zwischen allen Menschen herzustellen. Voraussetzung, um diese Freiheit und Gleichheit in einer solidarischen Gesellschaft herstellen zu können, sei die Veränderung des kapitalistischen Wirtschafts systems. Sozialismus ist nicht nur eine politische → Weltanschauung, sondern auch eine wirtschaftliche Strömung, bei der alles, was zur Wirtschaft eines Landes beiträgt wie Firmen, Industrie und Land wirtschaft, verstaatlicht werden sollen. Im Sozialismus soll es keinen privaten Kapitalismus mehr geben, sondern alles soll vom Staat gesteuert und verteilt werden, um so Gleichheit in der Bevölkerung herzustellen.
Sozialistische Arbeiterjugend
Die Sozialistische Arbeiterjugend (SAJ) war der Jugendverband der
→ sozialdemokratischen Parteien in Österreich und im → Deutschen Reich. Der → sozialistische Jugendverband entstand während der
→ Weimarer Republik nach dem Zusammenschluss der → SPD und der USPD (Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands). In beiden Parteien existierten jeweils Jugendverbände, die sich ebenfalls zusammenschlossen und 1922 die SAJ gründeten. Die SAJ machte es sich zur Aufgabe, die Interessen der Arbeiterjugend zu vertreten und diese sozialistisch zu erziehen. Nach der Machtüber tragung an Adolf Hitler und dem Verbot der SPD wurde auch die SAJ als eine ihrer Nebenorganisationen verboten.
Sozialistische Arbeiterpartei
Auf dem Vereinigungsparteitag 1875 in Gotha gründeten der ADAV (Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein) und die SDAP (Sozialdemo kratische Arbeiterpartei) die Sozialistische Arbeiterpartei Deutsch lands (SAP). Als erste geeinte Arbeiterpartei besaß die SAP einen Vorbildcharakter für die Weiterentwicklung der → Arbeiter:innen bewegung in ganz Europa.
Sozialistische Einheitspartei Deutschlands
Die Sozialistische Einheitspartei (SED) war die Staatspartei der
→ DDR, die 1946 in der sowjetischen Besatzungszone durch den Zusammenschluss der → KPD und der → SPD unter Druck der sowjetischen Besatzungsmacht gegründet wurde.
Sozial-rassistisch
Sozialrassistisch bezeichnet eine Verhaltensweise von einzelnen Personen oder einer Gruppe gegenüber anderen Personengruppen. Sozialrassismus meint diskriminierende und unterdrückende Ver haltensweisen oder Aussagen gegenüber Personen auf Grund des sozialen Status, der Lebensweise oder anderer Merkmale, die von den vermeintlichen sozialen Normen abweichen. Als Beispiel könnte hier Diskriminierung von Arbeits oder Obdachlosen angeführt werden. Im → Nationalsozialismus wurden beispielsweise → Asoziale und
→ Berufsverbrecher:innen sozialrassistisch diskriminiert.
Spanischer Bürgerkrieg
Der Spanische Bürgerkrieg bezeichnet eine militärische Auseinan dersetzung innerhalb Spaniens zwischen 1936 und 1939. Der Bürger krieg gilt als eines der zentralen Kapitel in der spanischen Geschichte. Er markiert einen gewaltsamen Wandel der Staatsform von der Spani schen → Republik hin zur sogenannten franquistischen → Diktatur.
Während des Bürgerkriegs kämpfte die Spanische Republik gegen den → faschistischen Diktator Francisco Franco.
SPD
→ Sozialdemokratische Partei Deutschlands
Splitterpartei
Eine Splitterpartei ist eine besonders kleine politische,
→ weltanschauliche Partei. Diese Partei hat sich zuvor von einer größeren abgespalten.
SS
→ Schutzstaffel
SS-Runen
Runen sind germanische Schriftzeichen. Im → Nationalsozialismus wurden bestimmte Runen verwendet und instrumentalisiert. Am bekanntesten ist die „Sig“Rune als Kennzeichen des „Deutschen Jungvolks“ (DJ) und – als doppelte „Sig“Rune – auch Kennzeichen der → SS. Beide sind in Deutschland verboten. Die SS verwendete die doppelte „Sig“Rune in ihrem Abzeichen und machte sich damit die aggressive dynamische Form (Blitz) und die Assoziation mit dem Wort „Sieg“ zu Eigen.
SS-Totenkopfverband
Die SSTotenkopfverbände waren spezielle Einheiten der → SS, die in den → Konzentrations und → Vernichtungslagern arbeiteten. Dort waren sie für die Bewachung der Inhaftierten zuständig. Sie organi sierten die Ausbeutung der Häftlinge durch → Zwangsarbeit und führten die Ermordung von hunderttausenden Menschen durch.
Staatsnotstand
Der Staatsnotstand bezeichnet einen Zustand drohender Gefahr für die öffentliche Ordnung oder für die Sicherheit und das Fortbestehen des Staates. Ein Notstand lässt sich nicht mehr mit den vorhandenen politischen Mitteln bewältigen.
Stahlhelm
Der Stahlhelm verstand sich als Organisation, in der das Wirken aller Kriegsteilnehmer:innen des Ersten Weltkriegs Anerkennung finden sollte. Die Mitglieder waren politisch in der → Opposition zum politischen System der → Weimarer Republik anzusiedeln und orien tierten sich stark am traditionellkonservativen Gesellschaftsbild der Kaiserzeit.
Strafvollzug
Wenn jemand vor Gericht zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde und deshalb eingesperrt wird, dann wird das Strafvollzug genannt.
Straßenkampf
Bei Straßenkämpfen organisierten sich Parteien als Kampfbünde, die auf der Straße aktiv waren und ihre Bereitschaft zum Kampf demonstrieren sollten. In der Endphase der → Weimarer Republik gehörten gewaltvolle Straßenkämpfe zwischen rechten Gruppie rungen wie der → SA und linken wie dem → RFB zum Alltagsbild.
Sturmabteilung
Die Sturmabteilung (SA) war ab 1920 eine → paramilitärische Kampf und Schutztruppe der → NSDAP. Sie war für den Schutz von Veranstaltungen und die Werbung für die NSDAP zuständig und lieferte sich gewaltsame → Straßenkämpfe mit politischen Gegne r:innen. Gegen Ende der → Weimarer Republik war die SA ein wichtiges Instrument der → Nationalsozialist:innen bei der Erobe rung der innenpolitischen Macht und der Verbreitung des Terrors.
1933 wurden viele SAMänner zu → Hilfspolizisten ernannt und beteiligten sich so bei der Verhaftung und Bewachung der Häftlinge in den frühen → Konzentrationslagern. Weil sich Adolf Hitlers Pläne zur politischen Festigung des nationalsozialistischen Staates nicht mit den Vorstellungen der SA, die sich nach der Machtübertragung als entscheidender Machtfaktor verstand, vereinbaren ließen, ordnete er 1934 die Ermordung der SAFührung an (sogenannter Röhm Putsch). In der Folgezeit verlor die SA an Bedeutung. 1945 wurde sie genau wie die → SS und NSDAP verboten.
Sturmbann
Ein Sturmbann war eine Untereinheit der → SS, die aus drei bis fünf Stürmen bestand, was 250 bis 600 Männer umfasste. Ein Sturm war die lokale Einheit der SS, die in ihrer nächsten Umgebung aktiv war und ihren SSDienst verrichtete. Damit war er zentrale Anlaufstelle für den SSAlltag und bot Raum für Gemeinschaft, aber auch für gewaltsame Auseinandersetzungen mit unerwünschten Personen. Im Gegensatz dazu traf sich der Sturmbann zu besonderen und größeren Ereignissen wie beispielsweise Paraden oder Sportwettbewerben.
Suizid
Suizid oder Selbstmord nennt man, wenn ein Mensch sich selbst tötet.
U
Unterscharführer
Unterscharführer war ein Dienstgrad der → SS, der einem niedrigen Unteroffiziersrang entsprach.
V
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten
Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der → Anti faschistinnen und Antifaschisten (VVNBdA) gründete sich 1947 als überparteilicher Zusammenschluss von überlebenden Opfern und Gegner:innen des → Nationalsozialismus. Die Vereinigung öffnete sich auch für später geborene Menschen, die sich für → Antifaschis mus engagieren wollten. Sie setzte sich für die Aufklärung und Auf arbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen, die Erforschung und Würdigung des Widerstands, Frieden und → Demokratie und die Aufklärung über neue rechte Erscheinungen ein. Die VVNBdA ist auch heute noch aktiv.
Vernichtungslager
Als Vernichtungslager werden die → nationalsozialistischen Lager bezeichnet, die gezielt für Massenermordungen benutzt wurden. Hier wurden mittels industrieller Methoden systematisch mehr als drei Millionen Menschen ermordet. Nach aktuellem Stand werden die folgenden als Vernichtungslager genannt: AuschwitzBirkenau, LublinMajdanek, Chelmno, Belzec, Sobibor und Treblinka.
Volksgemeinschaft
Die Idee der Volksgemeinschaft geht davon aus, dass ein Volk biologisch und kulturell einheitlich sei und sich von anderen Völkern unterscheide. Demnach könne aus einem Volk eine harmonische und zusammenhaltende Gemeinschaft entstehen, die → Klassen schranken überwinde, aus der nichtpassende Menschen aber ausgegrenzt würden. Für die → Nationalsozialist:innen war die Volksgemeinschaft ein zentrales Konzept und Teil ihrer → Ideologie. Sie bedeutete im Grunde die Einheit aller → arischen Deutschen, die durch → Propaganda und das Erziehungssystem hergestellt werden sollte. Wer zur Volksgemeinschaft gehörte, war abhängig von der rassischen Herkunft und der → Weltanschauung. Ausgegrenzt wurden alle, die nicht dazu passten wie → jüdische Menschen,
→ Sinti:zze, Rom:nja, Homosexuelle, behinderte Menschen,
→ Asoziale, → Zeug:innen Jehovas und politische Gegner:innen.
Volksgenoss:in
Die → Nationalsozialist:innen erkannten die Menschen als Volks genoss:innen an, die Teil der deutschen → Volksgemeinschaft waren.
Volksküche
Nach dem Ersten Weltkrieg waren Armut und Hunger weit verbreitet. Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) organisierte unter anderem Volks küchen, um massenhaft Menschen mit Essen zu versorgen. Hier wurden auch Lebensmittel und Kleider gesammelt.
VVN-BdA
→ Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten
W
Waffen-SS
Die WaffenSS war der militärische Kampfverband der → SS, zu dem organisatorisch auch die → SSTotenkopfverbände gehörten. Während des Zweiten Weltkrieges unterstanden Teile der WaffenSS dem Oberbefehl der → Wehrmacht und kämpften an der Front. Sie fielen durch besondere Härte und Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung, gegen Kriegsgefangene und Widerstands kämpfer:innen auf.
Wehrmacht
Wehrmacht war der Name des deutschen Militärs von 1935 bis 1946. Als solches war sie an unzähligen Völkerrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen beteiligt.
Weimarer Republik
Die Weimarer Republik war die erste parlamentarische → Demokratie in Deutschland. Sie bestand von 1918 bis 1933.
Weltanschauung, weltanschaulich
Die Weltanschauung eines Menschen meint, wie dieser Mensch die Welt versteht. Sie beinhaltet auch, was als wichtig und richtig angesehen wird.
Weltwirtschaftskrise
Allgemein bezeichnet eine Weltwirtschaftskrise einen wirtschaft lichen Zusammenbruch, der viele Länder der Welt betrifft. Wenn von der Weltwirtschaftskrise die Rede ist, bezieht man sich meist auf die Krise, die 1929 ausbrach und die 1930er prägte. Ab dem 25. Oktober 1929, dem Black Friday, brachen ausgehend von den USA weltweit die Aktienkurse zusammen, was einen immensen Geldverlust be deutete. Firmen und Banken gingen pleite, Handel und Produktion wurden stark eingeschränkt, Gehälter wurden gekürzt und Millionen Menschen wurden arbeitslos und verarmten. In der → Weimarer Republik wurde die Krise zur Staatskrise, da große Kritik an ihrer Wirtschaftsordnung geübt wurde. Das war ein Faktor, der auch zum Aufstieg der → NSDAP beigetragen hat.
Willkür, willkürlich
Als Willkür wird ein unberechenbares Handeln bezeichnet, das an den eigenen Interessen orientiert ist und die eigene Macht ausnutzt, während allgemeine Regeln und die Interessen von anderen missachtet werden.
Winterhilfswerk
Das Winterhilfswerk wurde 1933 von der → NSDAP gegründet. Seine Aufgabe bestand darin, Sach und Geldspenden zu sammeln, um bedürftigen → Volksgenoss:innen zu helfen. Dies zielte auf eine → solidarische → Volksgemeinschaft hin, in der sich die Menschen gegen seitig unterstützen sollten. Mit großen Aktionen wie den Eintopf sonntagen wurde auch die → Propaganda der NSDAP in dieser Richtung gestützt.
Wohlfahrtsamt
Wohlfahrtsamt ist die ältere Bezeichnung für ein Sozialamt, die Behörde, die für Sozialhilfen zuständig ist. Es wird dabei versucht, die Grundbedürfnisse der Menschen zu erfüllen. Auch der → natio nalsozialistische Staat richtete dafür eine Organisation ein: die NS Volkswohlfahrt. Damit sollte die → Volksgemeinschaft versorgt und gestärkt werden. Sie diente außerdem der nationalsozialistischen
→ Propaganda. Eine ihrer bekanntesten Erscheinungen war das
→ Winterhilfswerk.
Z
Zentralisierung, zentralisieren
Wenn etwas zentralisiert wird, dann wird es unter eine zentrale Leitung oder Verwaltung gestellt.
Zentrumspartei
Die Deutsche Zentrumspartei (oft nur Zentrum genannt) gründete sich 1870 als politische Vertretung des Katholizismus. Als eine der größten Parteien unterstützte sie die → demokratische → Weimarer Republik und formte diese mit. Bereits vor der Machtübertragung an die → Nationalsozialist:innen entwickelte sie sich in eine konservative Richtung. 1933 stimmte sie dem sogenannten Ermächtigungsgesetz zu, das die Selbstentmachtung des Parlaments zur Folge hatte und die nationalsozialistische → Diktatur ermöglichte. Bald darauf löste sich die Partei selbst auf. Ihre Mitglieder waren teilweise der national sozialistischen Verfolgung ausgesetzt. Obwohl sich das Zentrum 1945 wieder gründete, verlor sie viele Mitglieder an die neu gegründete Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU) und gilt deshalb heute nur als Kleinpartei.
Zeug:innen Jehovas
Die Zeug:innen Jehovas, früher auch als Bibelforscher bezeichnet, sind eine christliche Glaubensgemeinschaft. Ende des 19. Jahrhun derts wurde sie in den USA gegründet und breitete sich nach dem Ersten Weltkrieg in Europa aus. Von den → Nationalsozialist:innen wurde die Vereinigung 1933 verboten und die Zeug:innen Jehovas verfolgt, weil sie unter anderem den Wehrdienst und den Hitlergruß verweigerten und jegliche staatliche Institution ablehnten.
Zivilgesellschaft, zivilgesellschaftlich
Als Zivilgesellschaft wird das gesamte, nichtstaatliche Engagement der Bürger:innen eines Landes verstanden. Dabei geht es nicht um wirtschaftlichen Gewinn oder Parteiinteressen, sondern darum, dass die Bürger:innen ihre Gesellschaft selbst gestalten und dafür Verantwortung übernehmen.
Zuchthaus
Zuchthäuser waren besondere Gefängnisse mit härteren Haftbedin gungen, in denen Menschen eingesperrt wurden, die wegen schwerer Verbrechen verurteilt worden waren. Die Haftdauer war länger als in Gefängnissen und die Gefangenen mussten schwere → Zwangsarbeit leisten. In der Zeit des → Nationalsozialismus wurden viele Zucht häuser durch Straflager erweitert, um mehr Menschen unterbringen zu können. Die Inhaftierten mussten vermehrt Zwangsarbeit in der Kriegsindustrie oder an der Front leisten.
Zwangsarbeit, Zwangsarbeiter:innen
Zwangsarbeit bedeutet, dass jemand zu einer Arbeit gezwungen wird. Diese ist oft körperlich schwer und kann auch mit einer Freiheits strafe verbunden sein. Während des Zweiten Weltkrieges mussten Millionen Menschen sowohl im → Deutschen Reich als auch in den besetzten Ländern Zwangsarbeit leisten. Dafür wurde die Arbeits kraft von Einwohner:innen der besetzten Länder, Kriegsgefangenen und Häftlingen genutzt. Die Zwangsarbeit war für den → National sozialismus immens wichtig, um die landwirtschaftliche Versorgung und die Kriegswirtschaft aufrecht erhalten zu können. Die Opfer dessen wurden lange nicht als solche anerkannt und mussten um Entschädigung und Erinnerung kämpfen.
Impressum zum Glossar.
Die Ausstellung „Auftakt des Terrors – Frühe Konzentrationslager im Nationalsozialismus“ wurde von derArbeitsgemeinschaft „Gedenkstätten an Orten früher Konzentrationslager“ erarbeitet.
Das zugehörige pädagogische Begleitprogramm, inklusive Glossar und InstagramKalendarium, wurde zum Februar 2023 entwickelt von:
Inhaltliche und digitale Koordination
Sonja Klinke, Bochum
AnnaLena Nachbar, Gedenkstätte Breitenau
BadenWürttemberg Dokumentationszentrum
Oberer Kuhberg Ulm e.V., KZGedenkstätte Annette Lein
Josef Naßl Lernort Kislau e. V.
Anja SchullerMüller
Brandenburg
Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen Katja Anders
Arne Pannen
Niedersachsen
Stiftung Gedenkstätte Esterwegen Jacqueline Meurisch
RheinlandPfalz
Förderverein Projekt Osthofen e. V. Christine FischerHanisch GedenkstätteKZ Osthofen Claudio Guzmán Heckwolf
Fabian Meyer Maren Müller Mats Rempe
Martina RuppertKelly
Gedenkstätte für NSOpfer in Neustadt Matthias Bahr
SachsenAnhalt
Gedenkstätte KZ Lichtenburg Prettin Lisa Lindenau
SchleswigHolstein Gedenkstätte Ahrensbök Ingaburgh Klatt Sebastian Sakautzki
Gestaltung
Weidner Händle Atelier, Stuttgart
Das pädagogische Begleitprogramm wurde gefördert durch die Bundeszentrale für politische Bildung